Bus-Grundversorgung in Birkenwerder erhalten, Linie 822 in den Nahverkehrsplan aufnehmen
Der Kreistag beschließt die Aufnahme der Buslinie 822 „Zum Waldfriedhof – S Hohen Neuendorf – Havelstraße“ und umgekehrt in den Nahverkehrsplan des Landkreises Oberhavel. Zugleich beauftragt der Kreistag den Landrat, die Wirtschaftlichkeit dieser Buslinie in Abstimmung mit OVG und den beiden beteiligten Kommunen zu erhöhen. Dazu gehört insbesondere eine bedarfsgerechte Anpassung der Bustaktung sowie der Linienführung.
Die Buslinie 822 verkehrt seit Anfang 2022 in der derzeitigen Linienführung. Sie verbindet als interkommunale Buslinie den Waldfriedhof Birkenwerder mit dem Ortszentrum, den Schulstandorten in Birkenwerder und Hohen Neuendorf, dem Gewerbegebiet, den S- Bahnhöfen sowie Wohngebieten. Mit dieser Linie verfügt die Gemeinde Birkenwerder erstmalig über eine Busverbindung vom S- und Regionalbahnhof in den Ort und die Umgebung. Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Gemeinde Birkenwerder wird die Linie auch umgangssprachlich „Birkenlinie“ genannt.
Bisher tragen die Stadt Hohen Neuendorf und die Gemeinde Birkenwerder auf Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrags die Kosten gemeinsam. Der Landkreis beteiligt sich nicht an den Kosten, da sich die Linie in einem Probebetrieb befindet und nach derzeit gültiger Festlegung im Nahverkehrsplan die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Nahverkehrsplan zum 1.1.2024 nicht erfüllt sind. Gleichwohl sieht der Nahverkehrsplan vor, dass durch einen politischen Beschluss des Kreistags auch Buslinien in den Nahverkehrsplan aufgenommen werden können, wenn die hohen Hürden von durchgängig 10 Fahrgästen pro Fahrt nicht erreicht werden.
Die Fraktion FDP/Piraten sieht gute Gründe, die Buslinie 822 zum 1.1.2024 in den Nahverkehrsplan aufzunehmen, auch wenn die Linie im Schnitt von weniger als 10 Fahrgästen durchgängig genutzt wird. Diese sind im Wesentlichen:
- Während des Probebetriebs hat die Linie überproportional unter Baustellensperrungen, Schienenersatzverkehren sowie coronabedingter Fahrgastrückgänge gelitten. Diese Sperrungen sind nunmehr beendet, die Nutzungszahlen steigen.
- Die Linie 822 hat durch die Neufassung der Schülerbeförderungssatzung deutlichen Auftrieb bekommen. Insbesondere Kinder und Jugendliche steigen seit kurzem verstärkt auf den Bus um anstatt „Taxi Mama“ zu nutzen. Dies ökologisch gewollte Verhalten würde mit Wegfall dieses Busangebots wegbrechen.
- Die Struktur der Linie 822 verfolgt, anders als andere Buslinien, das Ziel, Fahrgäste über kurze Distanz zu befördern statt wie andere Linien eine Start-Ziel-Beförderung im Fokus zu haben (z.B. Hennigsdorf-Velten). Dadurch wirken die Zahlen auf dem Papier statistisch deutlich niedriger als die tatsächliche Nutzung aussagt.
Würde die Linie 822 erstmal abgewickelt (dies steht angesichts der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde Birkenwerder zum 31.12.2023 ohne Unterstützung des Landkreises bevor), wird es schwierig sein, die dann seit zwei Jahren geleistete Aufbauarbeit fortzusetzen. Daher sollte die Linie weiterbestehen, um eine Grundversorgung in Birkenwerder zu gewährleisten, und zwar durch Übernahme in den Nahverkehrsplan zum 1.1.2024.
Da die Fahrgastzahlen nicht zufriedenstellend sind, wollen wir, dass sich der Landkreis nach Übernahme in den Nahverkehrsplan gemeinsam mit den beiden Kommunen darum kümmert, die Linie wirtschaftlicher auszugestalten. Damit dies geschehen kann, gehört die Linie auch in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises beziehungsweise seiner kreiseigenen Gesellschaft.
Die Nutzungszahlen verdeutlichen, dass das bisherige Angebot, insbesondere an Wochenendtagen sowie am Abend nicht genug nachgefragt wird. Zugleich benötigen die Menschen in Bergfelde und Borgsdorf durch die Entscheidung der Sparkasse, ihre Standorte in Bergfelde und Borgsdorf zu schließen, eine Anbindung an den nächstgelegenen Sparkassenstandort in Birkenwerder, was durch eine Anpassung der Linie möglich würde und wodurch die Attraktivität der Buslinie 822 als Ganzes nochmal einen Schub erhält.
Aufgrund der Expertise der OVG halten wir es für sinnvoll, die Linie 822 in die Hand des Landkreises zu geben, damit diese mit der fachlichen Expertise der OVG die notwendigen Änderungen an der Linienführung und Taktung in Abstimmung mit beiden Kommunen realisiert. Dies schließt dann feste Haltestellen statt Provisorien ein.
Ausgehend von der bisherigen Linienführung und Taktung ist von jährlichen Mehrkosten von rund 700.000 Euro auszugehen. Durch Anpassung an Linienführung und Taktung sowie durch Gegenrechnung von Mehreinnahmen erscheint uns eine Senkung dieser Kosten möglich.
Birkenwerder und Hohen Neuendorf sind wie wenige Gemeinden im Landkreis Oberhavel von hohem Verkehrsaufkommen, Staus und hohen Abgaskonzentrationen heimgesucht. Mit dem neuen Angebot unterstützt der Landkreis aktiv die umsichtigen Bemühungen beider Kommunen, dieser enormen Belastung für die Bürgerinnen und Bürger zumindest ein wenig Herr zu werden.
Zugleich bereitet diese Maßnahme den Weg zu weiteren Klima fördernden und vor allem Birkenwerder entlastenden Maßnahmen: Denn beim Start und finanzieller Durchfinanzierung dieser Buslinie mit Unterstützung des Landkreises wird das Interesse der gesamten Region an einem Regionalbahnhalt in Birkenwerder gegenüber der Deutschen Bahn noch stärker bekräftigt und lässt die Implementierung eines solchen Halts auch aus Sicht der Deutschen Bahn nochmal wirtschaftlicher und damit realisierbarer werden. Damit verbunden wären weitere signifikante Verlagerungseffekte vom Auto auf die Bahn (unter Nutzung der Buslinie) verbunden.