Kreisverwaltung beschließt Stellenplan – FDP unterstützt Neustrukturierung
Am 10. Mai 2023 hat der Kreistag den Stellenplan für 2023 neu gefasst. Damit verbunden sind rund 275 neue Stellen mit oftmals höherer Dotierung. Um diese Beschlussvorlage gab es im Vorfeld erhebliche Diskussionen. Uwe Münchow, Fraktionsvorsitzender FDP/Piraten im Kreistag erläutert im Interview, warum die FDP die Vorlage der Verwaltung mitgetragen hat.
Herr Münchow, was hat die FDP zur Zustimmung bewogen?
Wir haben von den Überlegungen, rund 370 Stellen neu zu schaffen, aus der Presse erfahren. Das hat uns nicht gefallen. Dann hat uns der Landrat eingeladen und mit seinen Dezernenten ausführlich die Überlegungen geteilt. Da war uns klar: Das wird ein Brett und wir haben uns sehr schwergetan.
Am Ende haben Sie aber zugestimmt.
Ja und nein. Gestern haben wir den Stellenplan für 2023 beschlossen. Der beinhaltet 276 Stellen. Weitere rund 100 Stellen in 2024 und 2025 werden vom Landrat in die Haushaltssatzung eingefügt. Darüber entscheidet der Kreistag im Dezember 2023.
Entscheidend für die Zustimmung zu den 276 Stellen war, dass der Landrat sehr offen und ehrlich zu uns war. Wir waren die einzige Fraktion, die eine öffentliche Veranstaltung abgehalten hat (am 20. April). Dort hat der Landrat unseren Mitgliedern und Gästen Rede und Antwort gestanden. Dort wurde sehr offen und kritisch diskutiert. Die Antworten des Landrates haben uns überzeugt, weil er deutlich gemacht hat, wohin er mit unserem Landkreis will, wofür die Stellen gebraucht werden und was sich durch die neuen Stellen verbessern kann.
Und das wäre?
Eine ganze Menge. Beispielsweise fallen durch die Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst 46 Stellen weg, die Aufgaben bleiben aber. Dann wurden dem Landkreis neue Aufgaben von Bund und Land übertragen. Neue Aufgaben heißt auch zusätzlicher Personalbedarf. Der Landrat will die Kreisverwaltung digitalisieren, für mehr Klimaschutz sorgen, Vorsorge für den Katastrophenschutz treffen. Dafür braucht es Fachleute, beispielsweise in der IT. Wir wollen aber auch mehr Mobilität, neue Schulen, modernere Infrastruktur. Die muss geplant und verwaltet werden. So kommen schnell viele Stellen zusammen.
Welche Rolle haben die viel zitierten Überlastungsanzeigen gespielt?
Wenn Mitarbeiter der Kreisverwaltung anzeigen, überlastet zu sein, leidet die Arbeit. Beispielsweise sind die Jugendämter nicht mehr in der Lage gewesen, die gestiegenen Fallzahlen von Kindswohlgefährdung und andere Hilferufe bearbeiten zu können. Das macht auf Dauer krank und so müssen immer weniger Leute immer mehr Arbeit machen. Das geht auf die Knochen unserer Gesellschaft und da dürfen wir nicht wegschauen.
Was sagen denn die Mitarbeiter selbst?
Wir haben uns mit der Personalratsvorsitzenden ebenfalls vorab getroffen, um stellvertretend durch Sie die Stimmung im Kollegium aufzunehmen. Mit jedem einzelnen zu sprechen, das geht zu weit. Aber ihre Position war klar. Es drohte der Abgang vieler Kollegen, die einfach nicht mehr können. Wissensverlust und Qualitätsverlust. Und was viele nicht sehen: Es fehlten bislang Möglichkeiten weiterzukommen. Der Landkreis steht im Wettbewerb mit anderen Kommunen, dem Land Brandenburg, dem Land Berlin, aber auch mit dem Bund. Diesen Wettbewerb können wir nur gewinnen, wenn wir in die Ressource Personal investieren. Das habe ich auch im Kreistag deutlich gesagt.
Bislang galt die FDP immer als Partei für den Schlanken Staat und gegen mehr Personal. Wie passt das zusammen mit Ihrer Zustimmung?
Ich sage: Ja zum Schlanken Staat, nein zur kranken Verwaltung. Personal kostet Geld, leistet aber auch viel. Daher sollten wir von Investitionen in Personal reden, nicht von Personalkosten. Nur mit qualifiziertem und leistungsfähigem Personal schaffen wir es, dass neue Schulen geplant und gebaut werden, nur dann werden unsere Fahrzeuge zugelassen, die Qualität unserer Lebensmittel kontrolliert, der Schutz unserer Umwelt sichergestellt und dafür gesorgt, dass Menschen, die Hilfe brauchen, diese auch bekommen. Personal ist also in erster Linie kein Kostenfaktor, sondern eine Ressource. Deswegen muss der Landkreis als Arbeitgeber seine Beschäftigten gut behandeln.
Anders als die anderen Fraktionen sind Sie auch auf die höheren Stellen eingegangen. Warum?
Weil das ganz erheblich für unsere Entscheidung war, dem Stellenplan zuzustimmen. Schauen Sie mal, was ein junger studierter Fachhochschüler in der Entgeltgruppe 9 c verdient. Und vergleichen Sie mal die Verantwortung eines Fachdienstleiters in der Entgeltgruppe 11 mit der eines Sachbearbeiters in einem Ministerium in der gleichen Entgeltgruppe. Aktuell ist es eher so, dass die Verwaltungsmitarbeiter für das was sie leisten zu schlecht bezahlt werden. Das muss sich ändern. Ich habe nie verstanden, warum die Kreisverwaltung so wenig Wert auf Personalentwicklung gelegt hat. Wir müssen die Möglichkeiten des Tarifrechts nutzen, um gute Leute zu entwickeln und leistungsgerechter zu bezahlen. Und: Keiner muss sich Sorgen machen, dass die Sachbearbeiter in der Kreisverwaltung überbezahlt sind.
Was ist mit den 100 Stellen, die im Stellenplan 2024/2025 erstmal drin sind. Kritiker befürchten, dass die jetzt fix sind.
Das entscheidet der Kreistag im Dezember. Für uns ist klar, dass wir hier sehr genau hinschauen. Ich habe im Kreistag dazu 4 Kriterien aufgestellt:
- Wie viel Personal konnte die Verwaltung schon einstellen? Wenn es uns nicht gelingt, eine nennenswerte Zahl der 275 Stellen zu besetzen, können wir uns die zusätzlichen Stellen sparen.
- Kommt die Umstrukturierung voran?
- Welche negativen Folgen ergeben sich für die kreisangehörigen Kommunen? Anders gefragt: Kommt es zu Abwerbungen dort, ginge das für uns nicht.
- Inwieweit gelingt es dem Landrat, Bund und Land stärker an den Personalkosten zu beteiligen. Denn 90 Prozent der Aufgaben der Kreisverwaltung sind Aufgaben, die der Landkreis für Bund und Länder erledigt, für die er aber nur knapp 40 Prozent der Kosten bekommt.
Die Bürgermeister der Kommunen haben Ihre Sorgen vorgetragen, am Ende Leidtragende dieses neuen Stellenplans zu sein. Teilen Sie diese Sorge?
Nein, sonst hätten wir dem Stellenplan nicht zugestimmt. Wir sehen den Bedarf, das habe ich schon erläutert. Das eigentliche Problem ist, dass der Bund und vor allem das Land Aufgaben bestellen, der Landkreis muss das Personal zahlen. Das darf so nicht weitergehen und darauf achten wir. Wir achten auch darauf, dass die Kreisumlage nicht steigt. Das hat der Landrat zugesagt und darauf nageln wir die Verwaltung fest. Fakt ist aber auch: Der Landkreis hilft vor allem den schwächeren Kommunen wie Gransee oder auch dauerhaft Löwenberg und Kremmen, indem er ihre Schulen übernimmt. Wir haben im Nahverkehrsplan mehr Buslinien, die öfter fahren. Wir erbringen also viele Leistungen, die auch den Kommunen helfen und sie entlasten.
Wie haben Sie die Stimmung im Kreistag während der Debatte empfunden?
Es gibt einige Besorgnis, dass die zusätzlichen Stellen zu viel Geld kosten. Dafür habe ich Verständnis. Kein Verständnis habe ich dafür, wenn versucht wird, mit populären Forderungen Stimmung zu machen und das Personal verunglimpft wird. Nach dem Beschluss haben sich einige Beschäftigte der Kreisverwaltung bei mir bedankt und erzählt, wie es ihnen auf Arbeit geht. Ich glaube tatsächlich, wir haben richtig entschieden.
Am Ende waren es 27:22 Stimmen bei einigen Enthaltungen. Hätte die FDP abgelehnt, wäre der Stellenplan gescheitert. Muss der Landrat Ihnen jetzt dankbar sein?
Nein, aber er weiß, dass wir genau hinschauen und dass wir eine verlässliche Fraktion sind, die seine Philosophie einer modernen Verwaltung unterstützen. Und ich bin sicher, dass wir auch künftig Themen finden, wo wir gut zusammenarbeiten.